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Texte zu Kunst und Philosophie
ISSN 1437-3777

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Irina Schulze: Frank Scheidt und Alwin Alles: Morrissey "You have killed me".

"120...you have killed me ... MORRISSEY .. .. from ''' ringleader of the tormentors.. 2006
22. April 2006 .. 21.42 uhr .. bis .. 24. April 2006 .. 7.15 uhr - 33 stunden 33 min."
www.alwinalles.de

"Die grüne Jacke ist gut."

"Die graue passt besser, finde ich."

"Wir können sie ja mitnehmen."

Der Fotograf Frank Scheidt: dunkelblau-khaki-weiß-gestalteter Strickpulli, mittelblaue Jeans, schwarze Stoffturnschuhe; die schwarze Tasche am langen Gurt quert von der linken Schulter zur rechten Hüfte, umgekehrt, gekreuzt, der eine Fotoapparat, ein zweiter senkrecht vom Hals herab.

Das Modell: Alwin Alles: mittelgraue Tweedjacke, weißes Hemd, dunkelblaue Jeans, gelb-schwarz-geringelte Socken, schwarze sportliche Schuhe; den MP3-Player hat er in der linken Innentasche der Jacke, die Kopfhörer in den Ohren, die Kabel sind sichtbar über dem Kragen.

Über meinem linken Unterarm: eine grüne Jacke mit weißen Nadelstreifen, die nicht zum Gebrauch kommen wird.

Es ist kurz vor 9.00 Uhr, Sonntag, der 23. April 2006. Wir sind am stillgelegten Bahnhof in Hostenbach. Bahnhofstraßen gibt es so viele, diese ist eine der schönsten - und unscheinbarsten. Während der Fahrt über die Autobahn spielte immer wieder dasselbe Lied im Hintergrund.

Alwin Alles nimmt den MP3-Player heraus, steckt ihn in die Innentasche seines Jackets und setzt die Kopfhörer auf. Er hört seit 21.42 Uhr Morrissey "You have killed me". Für ihn sind es nur wenige Sekunden der Stille, wenn der Song am Ende angelangt ist, um von Neuem zu beginnen. 33 Stunden und 33 Minuten immer ein und dasselbe Lied hören, das bedeutet: bis morgen früh um 7.15 Uhr.

Erlaubt sind dabei Unterhaltungen,

Erlaubt ist Duschen. Alwin Alles: "Man muss die Musik dann lauter machen."

Erlaubt ist Schlafen. Alwin Alles: "Das jeweilige eine Lied muss eben immer, zumindest im Hintergrund laufen."

Die Sonne scheint, kein Wölkchen am Himmel.

Wenig Motorengeräusch von der Straße da oben.

Wir gehen unter der Unterführung der Straße hindurch. Am kleinen unscheinbaren Bahnhofsgebäude vorbei: zwei zart überwachsene Gleispaare, dazwischen ein freistehender Pavillon aus Eisen, dessen Pfeiler mit Jugendstilornament.

Frank Scheidt: "Ein magischer Ort."

Rechts neben uns, geteerter Pfad am Bahnhofshäuschen: ein großer, zerborstener Waschkübel aus Plastik - verblichen matt-rosa, aus den 70ern. Daneben funkeln weiße Glasscherben im Sonnenlicht. Eigentlich schon ein Bild für sich, aber hier geht es um Morrissey.

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